Nach einem tollen Abschlussessen mit den Kindern bei uns zu Hause, haben sich Jakob und Therese verabschiedet und sich auf den Rückweg nach Ujerumani begeben. Nun sind Jakob und ich seit einer Woche vollkommen auf uns allein gestellt.
Doch zuerst ein wenig über die Einarbeitungszeit:
In unserer zweiten Woche in Mwanza konnten wir schon ein wenig in die Arbeit im Waisenheim hinein schnüffeln. Zurzeit sind 22 Kinder, ausschließlich Jungen untergebracht, im Alter zwischen 6 und 18 Jahren. Es gibt einen Betreuer, Lugano, welcher sich um allgemeine Aufgaben kümmert, wie die Sauberkeit im Heim, darauf achtet, dass die Kinder jeden morgen zur Schule gehen, genügend Essen vorrätig ist und Ansprechpartner für die Kinder und uns ist. Im Waisenheim gibt es einen Gemeinschaftsraum, eine kleine Küche und ein Office. Die Kinder schlafen verteilt auf drei Zimmer in Hochbetten.
Nach meinem ersten Besuch war ich ziemlich schockiert von der Situation vor Ort. Jedes Kind hat nur einen Pappkarton, indem es sein ganzes Hab und Gut aufbewahrt. Es gibt kaum Beschäftigungsmöglichkeiten für sie, außer ein in der Nähe gelegener Fußballplatz.Der Müll wird mitten auf einem kleinen Hof verbrannt, wo die Kinder spielen. Unvorstellbar ist für mich auch, wie 10 Kinder eingequetscht in einem Zimmer schlafen können! Jedoch beeindruckt hat mich, wie kleine sechsjährige Kinder selbstständig einen Kohleherd angezündet bekommen und dann noch alleine Essen kochen. Verkehrte Welt!Wie kleine Erwachsene! Anschließend wird das Essen in gerechte Portionen untereinander aufgeteilt, selbst wenn ein Löffel Ugali übrig bleibt, wird dieser nochmals durch 22 geteilt!
An einem Nachmittag haben wir gemeinsam einen Ausflug an den Viktoriasee unternommen. Es war schön zu sehen, wie sie sich gefreut haben, raus zu kommen und mal was anderes zu unternehmen. Anschließend wurde Fußball gespielt, was nach Essen die zweit liebste Beschäftigung von den Kindern ist. Manche von ihnen sind richtige kleine Ronaldinios!
Außerdem haben wir in der Einarbeitungswoche zusammen mit Therese das Grundstück mit dem neu gebauten Waisenheim besucht. Dieses liegt ein Stückchen fernab von der Stadt, mitten im Grünen, umgeben von Wiesen und ein paar Felsen.Wunderschön und tausendmal besser, als das Haus, indem sie jetzt leben. Einfach großartig! Der Umzug ist zwischen November und Januar angesetzt und die Kinder sind schon super gespannt und freuen sich alle auf das neue Heim.
An einem Abend haben wir uns dann schließlich mit Dr. Andrew, dem Besitzer des Heims getroffen. Er ist von Beruf Herzchirurg und finanziert das gesamte Projekt aus seiner eigenen Tasche. Dr. Andrew: klein, dicklich, fröhlich, sehr freundlich und aufgeschlossen. Des Weiteren wurden Jakob und ich in die zukünftigen Pläne des Waisenheims eingeweiht, die unter anderem den Bau einer eigene Schule und die Zucht einer Hühnerfarm vorsehen. Mit den Hühner erhofft sich der Doktor eine zusätzliche Einnahmequelle, indem man sie auf den Märkten verkauft.
Bezüglich der Arbeit mit den Kindern, haben Jakob und ich einen ziemlich großen Spielraum. Die ersten Kinder kommen so gegen 11 Uhr von der Schule und die Größeren gegen 14 Uhr. Somit sind wir also für das Mittags- und Nachmittagsprogramm zuständig. Wir haben die Kleinen in vier Lerngruppen, je nach Niveau und vorhandenem Können aufgeteilt und probieren ihnen so gut es geht, Nachhilfe in Mathematik und Kiswahili zu geben. Dies gestaltet sich allerdings nicht all zu einfach, da es schon damit anfängt, dass sie ständig ihre Bleistifte verbummeln. Außerdem verstehen sie bestimmte Sachverhalte nicht, weil sie in der Schule alles nur auswendig lernen. Hinzu kommt, dass in einer Klasse bis zu 160 Schüler sind und dadurch die meisten Schüler von dem Unterricht nichts mitbekommen können. Unvorstellbar für deutsche Schulen!Die Größeren unterrichten wir vor allem in Englisch. Das klappt schon um einiges besser. Ich probiere kleine Gespräche mit ihnen zu führen, um ein Verständnis für die Sprache bei ihnen zu wecken. Am späten Nachmittag hat Jakob an drei Tagen Fußballtraining angesetzt und ich kleine Artistikübungen mit dem Seil. Ein paar von den Kindern können wirklich gut Seil springen und sind super schnell lernfähig. Mal gucken, wie sich das in den nächsten Wochen weiterentwickeln wird. Aber ich glaube, ich konnte sie schon ein klein wenig für die Welt des Zirkus begeistern;)
Ansonsten sind die Kinder alle wirklich lieb und uns gegenüber sehr aufgeschlossen. Durch sie lernen wir viel Swahili, was jedoch immer noch einen Schwachpunkt bei mir darstellt. Manchmal stelle ich mir vor, was sie alles schon in ihrem kurzen Leben erlebt und durchgemacht haben und trotzdem strahlen sie solch eine Lebensfreude aus, die ungreifbar ist und mich zutiefst fasziniert.
Trotzdem war die erste Arbeitswoche ziemlich anstrengend und wenn wir nach Hause kommen, fallen wir meistens erschöpft ins Bett. So viele Eindrücke und Erlebtes an einem Tag, kann einen ganz schön fertig machen.Und nie ist ein Tag wie der andere. Alles um mich herum ist so neu und fremd.
Naguti, das soll es erst einmal wieder von mir gewesen sein. Danke für all eure lieben Kommentare! Ihr fehlt mir sehr!
Tutaonana!
Eure Lauri