Montag, 4. Oktober 2010

Alles auf Neuanfang

Jakob und ich sind nun seid über einer Woche in Dar es Salaam, da wir leider unsere Einsatzstelle in Mwanza aufgeben mussten. Dr. Andrew hatte massive Geldprobleme und war der Ansicht, dass wir, als Weltwärtsfreiwillige, ihm dieses Geld geben müssten. Letztendlich probierte er durch Drohung seinen Willen durchzusetzen. Da wir und Kawaida sein weiteres Handeln nicht mehr einschätzen konnten, mussten Jakob und ich Mwanza verlassen und Kawaida den Vertrag mit dem Waisenheim beenden. Wir konnten uns nicht von den Kindern verabschieden oder ihnen erklären, was passiert ist. Wir mussten sie einfach so zurücklassen. Ich verstehe nicht, wie blind man vor Geld werden kann und so Gefühls kalt. Wer aber am meisten drunter zu leiden hat, sind die Kinder. Wir wissen bis Heute nicht, wozu der Dr. Andrew das Geld brauchte oder warum er so gehandelt hat.


Trotz den ganzen Turbolenzen in den vergangenen Wochen, konnten wir nun in Dar ein wenig abschalten. Zur Zeit wohnen wir bei Fritz und Thurid, die zwei anderen Kawaida- Freiwilligen, zu Hause.


Thurid arbeitet im TSE, dass ist so eine Art Jugendclub, in dem die Kinder verschiedene Freizeitangebote bekommen, wie zum Beispiel Klavier-, Gesangs-, Theater-, Tanz- und Computerunterricht. In den letzten Tagen durfte ich Thurid in ihrem Projekt begleiten und war sofort begeistert von den Kindern. Die sind alle super talentiert und ehrgeizig. Thurid gibt ihnen Klavier-, Gitarren- und Englischunterricht und hilft bei der Verwaltung der Finanzen.


Außerdem habe ich mir die Projektstelle von Rainer (auch Kawaida- Freiwilliger) angeschaut, der im DogoDogo Center in Bunju (halbe Stunde von Dar entfernt gelegenes Dörfchen) arbeitet. Das DogoDogo bietet Jugendlichen eine zweijährige Ausbildung an, z.B. in Artistik, Kunst, Computer oder in der Tischlerei. Vor allem hat mich die Artistikgruppe begeistert, mit welcher Leichtigkeit und Dynamik sie ihre Kunststücke vollführen. Rainer selbst, gibt den Jugendlichen Computerunterricht und leitet ein eigens Feuerwehrprojekt.


Am Mittwoch sind wir gemeinsam mit den Kindern vom TSE und dem DogoDogo Center zum Bagamoyo- Kunst- Festival gefahren, auf dem sie einen gemeinsamen Auftritt hatten. Bagamoyo ist mit dem Bus ungefähr eine Stunde von Dar entfernt und liegt direkt am Meer. Ein wunderschönes Dörfchen mit tollem Strand. Bevor wir jedoch dorthin gefahren sind, haben wir bei Aisha, einer Lehrerin vom TSE, zu Hause Essen für die Kinder gekocht. Aisha ist 21 und wohnt in einem einzelnen Raum, in dem sie ihr ganzes Hab und Gut aufbewahrt. Der Raum hat weder eine Toilette noch Dusche. Sie schläft auf einer Matratze auf dem Boden und es gibt auch keinen Strom. Für mich ist sie eine Überlebenskünstlerin! Wir haben dann gemeinsam Maharagwe, Mchicha und Wali gekocht, was insgesamt 4 Stunden gedauert hat und ziemlich anstrengend, aber einfach ein tolles Erlebnis war. Die Aufführung der Kinder war wunderschön, ein Mix aus afrikanischem Tanz, Gesang, Trommeln und Akrobatik. Ich habe Gänsehaut bekommen und war überwältigt von dem Spektakel, was sich mir bot.


An einem anderen Tag haben die Jungs ein lebendes Huhn vom Markt gekauft und zu Hause selber geschlachtet. Nach drei fehlgeschlagenen Versuchen war der Kopf dann endlich ab und das Huhn tot. Als Endprodukt (nach langen Federkämpfen) gab es ein paar Stücken Hühnchen für jeden und dazu Reis mit Gemüse. Ich sage euch: der reinste Gaumenschmaus! Fritz ist jedoch immer noch traumatisiert von seiner Tat :)


Ja ja, in so kurzer Zeit sind schon wieder so viele, tolle aufregende Sachen passiert. Langsam habe ich jedoch das Gefühl, dass mein Kopf, dass alles nicht mehr so richtig verarbeitet bekommt. Es passiert alles so schnell und rauscht an mir vorbei.


In den nächsten Tagen werden wir uns nun in Dar auf Projekt- und Wohnungssuche begeben.


Kwa herini!


Lauri